Emotionale Abhängigkeiten und die Angst vor der Liebe

Emotionale Abhängigkeiten und die Angst vor der Liebe 

Viele Menschen würden von sich selbst nicht behaupten, dass Sie emotional abhängig von jemanden sind. Denn es braucht schon einigen Mut sich dies einzugestehen und die Bereitschaft ehrlich auf sich selbst zu schauen. 

Die Folgen der gefühlten, emotionalen Abhängigkeit, sind wiederum vielen Menschen sehr gut bekannt, nur bringen sie diese, nicht damit in Verbindung. 

Diese Abhängigkeiten entstehen nicht nur in Partnerschaften sondern oft auch in Freundschaften oder in der Familie.

Ich schreibe hier bewusst „gefühlte“ Abhängigkeit, denn es ist eigentlich nichts was so sein müsste. 

Was ist nun emotionale Abhängigkeit ? 

Ich wähle an dieser Stelle das Beispiel der Partnerschaft, da dies im Praxisalltag am häufigsten als Thema vorkommt. 

Wenn eine neue Partnerschaft entsteht, fühlt man intensive Liebe, Freude, Glück und Geborgenheit. Der Verstand der meisten Menschen schlussfolgert dann, das der Partner uns diese schönen Gefühle irgendwie macht. 

Wir mögen diese Gefühle natürlich sehr, weil sie uns erfüllen und wir ein Hochgefühl erleben. 

Ab diesem Zeitpunkt ist der Partner unbewusst dann dafür verantwortlich, wie wir uns fühlen. 

Wir wollen dann unterbewusst, dass er uns diese Gefühle immer weiter machen soll, wie bei einem Süchtigen, der das Suchtmittel nicht verlieren möchte. 

Angst entsteht, vor allem Verlustangst und in der Folge daraus dann Kontrolle, Eifersucht, Einengung, Vorwürfe und noch einige Verhaltensweisen mehr. 

In Wahrheit öffnen wir aber unsere eigene Herzebene weiter, als wir uns das normalerweise trauen, wenn wir jemanden kennenlernen, der mit uns perfekt auf einer Wellenlänge schwingt. Oft weil wir hoffen, dass die Person uns das erfüllt was wir suchen, dafür sind wir dann auch bereit ein bischen weiter auf zu machen. 

In Wahrheit ist es jedoch so, dass wir diese Dinge in uns selbst haben, sie sind auf unserer eigenen tiefsten, inneren Herzebene schon vorhanden, denn die Liebe ist unsere wahre Natur. 

Wir spüren Sie nur nicht oder nicht gut, weil wir unser Herz durch viele Mauern geschützt und verschlossen haben. Deshalb glauben wir, uns würde etwas fehlen und der Andere müsste es uns geben. Daraus entsteht eine Menge Erwartungshaltung die zu vielen Problemen führt. 

Die gefühlte, emotionale Abhängigkeit ist an dieser Stelle schon voll ausgeprägt. 

Auf einer bestimmten Ebene spürt man dann, nach einiger Zeit diese Abhängikeit und das ist etwas, was wir garnicht wollen und die Ängste in ungeahnte Höhen katapultieren kann. Nicht wenige Menschen haben aus diesem Grund Panikattacken. 

Daraus entstehen dann zusätzlich Abwehrmechanismen, um das Gefühl der vermeintlichen Abhängigkeit und Verlustangst nicht fühlen zu wollen. 

Denn damit gehen auch Emotionen wie Ohnmacht, Verzweiflung, und sich ausgeliefert fühlen einher. 

Ich möchte hier 5 der möglichen Abwehrmechanismen vorstellen, es gibt aber noch Einige mehr. 

1.Ausgrenzung 

Das eigene Ego wird in diesen Phasen sehr aktiv und es kommt spontan zu Verhaltensweisen, die dem Partner oder dem Freund und sich selbst beweisen sollen :

„Ich brauche dich nicht“ 

„Ich komme auch ohne dich klar“ 

„Ich habe Spaß ohne dich“ 

„Ich bin unabhängig“ 

Das ist der perfide Versuch des Egos uns Kontrolle über die Situation und die gefühlte Abhängigkeit, Angst und Ohnmacht vorzugaukeln. 

Wir grenzen den Partner dann aus, entweder emotional oder auch durch bestimmte Unternehmungen bei denen der Partner nicht mit einbezogen wird. Oft auch durch Beides. Meist ist dabei ohne Vorwarnung abruptes Verhalten zu erkennen, als wäre man single und/oder völliger Rückzug.

Man macht sich bspw. rar und meldet sich nicht. Man gibt dem Partner wenig körperliche Nähe und Zärtlichkeit und das Gemeinsame was verbindet, mutiert aus Angst zu einem völligem Ich -Modus. 

Man bestätigt sich seine Unabhängigkeit mit der vermeintlichen Erklärung, dass man halt so ist und sehr oft wird dann in der Beziehung über Freiheit gestritten, wenn der Partner beginnt dieses Verhalten zu kritisieren. 

Oder Partner werden in wichtige Entscheidungen, welche die Zeit Beider betreffen, nicht mit einbezogen. Da können so Dinge geschehen, dass berufliche Entscheidungen, welche mehr Arbeitszeit bedeuten oder berufliche Beförderungen, die längere Abwesenheiten oder Dienstreisen bedeuten, einfach ohne den Partner gefällt werden. Alles im Namen der Unabhängigkiet.

Der Partner wird vor vollendete Tatsachen gestellt. All dies sind solche unterbewussten Beweishandlungen des „ich brauche dich nicht und mache was ich will“. 

Ein perfekter Ego Mechanismus, der die unangenehmen Gefühle fern hält. Man merkt dabei nicht, wie sehr man sich eigentlich selbst ausgrenzt und sich der Liebe entzieht, welche man eigentlich so gerne haben möchte. 

Oder oft in Freudschaften macht man plötzlich, öfters nur noch was mit Anderen, ohne zu fragen ob der Freund eventuell auch mitkommen möchte, bei Unternehmungen die man sonst immer gemeinsam geplant hat. Es werden Ausreden gesucht und der Freund versteht die Welt nicht mehr. Fühlt sich ausgegrenzt und so entstehen Probleme die jahrelange, innige Freundschaften völlig entzweien können, ohne das die Wurzel des Problems erkannt wird. Natürlich gibt es auch noch andere Gründe für solche Verhaltensweisen.

2. Sich über den anderen Erhöhen und Konfliktverlagerung

Dieser Abwehrmechanismus ist einer, der wie alle dieser Mechanismen dazu dient, die Emotionen nicht fühlen zu wollen und in diesem Fall noch sich überlegen und besser zu fühlen. Was indirekt ebenfalls dazu dient sich zu bestätigen, den anderen nicht zu brauchen. Dieser Mechanismus stärkt das eigene Ego auf mehreren Ebenen, denn nicht Wenige versuchen sich dadurch den mangelhaften Selbstwert aufzubessern. 

Unbewusst wird beispielsweise versucht, dem Anderen ein schlechtes Gefühl zu geben, indem man den Partner bspw. testet oder durch bestimmte Anmerkungen versucht subtil Eifersucht zu erzeugen. Oft erzählen Partner dann, wie sehr der neue Arbeitskollege einen hinterherschaut oder das der Ex Mann sich schon wieder gemeldet hat und Kontakt sucht. Menschen mit diesem Mechanismus tun sich schwer, sich wirklich einzulassen, sich zu bekennen und deren Ego nutzt das zusätzlich als Möglichkeit, um sich zu erhöhen und das Gefühl der Abhängigkeit abzumildern. 

Auch wird versucht sich mit Dingen die man vermeintlich besser kann, über den anderen zu stellen oder es wird häufig versucht Dinge schlecht zu reden, die der andere gut kann. 

Das Ego hat prinzipiell keine Geduld und möchte keinen Weg als Entwicklungsschritte gehen. Es möchte alles jetzt sofort und will “jemand” sein und damit glänzen wo es schon ist. In den meisten Fällen, um unbewusst besser als die zu sein, die einen irgendwann einmal etwas angetan haben. Unbewusst will es sich über Andere damit erhöhen und vergleicht sich dann mit denen, die schon weiter sind. Das führt zu Unzufriedenheit, Frust und Motivationslosigkeit und zu Innerem gehetzt sein, als Antrieb um dem Ziel hinterher zu jagen.

Wenn dies nicht so läuft wie man sich das vorstellt, fängt das klagen und jammern an, über die eigenen Umstände und die eigenen Versäumnisse. Man kann nicht annehmen, dass es ein Entwicklungsprozess ist, den man selbst gehen muss, um zu wachsen und zu integrieren. Das Ego möchte dafür wenig, bis garnichts tun und glaubt nicht selten in Selbstüberschätzung es schon zu wissen.

Weil man selbst überhaupt nicht annehmen kann, wo man gerade steht und wie man gerade ist, erwartet man es dann in völlig übersteigertem Maß von seinem Umfeld. Man projiziert das eigene, innere  “sich selbst nicht annehmen können”  und die völlig überzogenen Erwartungen an sich selbst, auf andere und verlagert damit seinen eigenen inneren Konflikt nach aussen, um ihn über andere auszutragen.

Es enstehen Forderungen die anderen sollen mich so annehmen wie ich bin, weil ich es unbewusst selbst nicht kann. Das Ego fühlt sich immer minderwertig. Das führt dazu das häufig wenig bis keine Konfliktbereitschaft vorhanden ist. Bedürfnisse und Wünsche Anderer werden nicht ernst genommen und es zählt nicht oder nur wenig, was diese eventuell brauchen. Man wird starr, kann nicht entgegenkommen, unflexibel und stur. Eigenes Verhalten wird vehement verteidigt und man besteht darauf Recht zu haben und so sein zu dürfen. Die Anderen sind die, welche sich anpassen sollten und einen so lassen.

Man merkt nicht, wie sehr man sich dadurch selbst vom Leben, der Verbundenheit mit Anderen und der Liebe abtrennt. Man trennt sich von sich Selbst.

Es folgen Einsamkeit, Frust, Leere, Wut, Hass, Trauer, Aggressionen, Schmerz und Verzweiflung. Man fühlt sich unverstanden, nicht dazugehörig und abgetrennt.

Der Mensch merkt nicht, wie sehr er sich immer mehr selbst abschneidet von dem Miteinander, der Verbundenheit und der Liebe. Zurück bleibt Leere. Dies sind Ego Strukturen die teilweise narzisstische Züge tragen. Die meisten Menschen haben mehr oder weniger solch ähnliche Züge in sich. Die Ausprägung hängt mit der Entwicklungsgeschichte zusammen.

3. Sich selbst runter machen um Mitleid und Liebe zu bekommen

Hier erzeugt das Ego Drama und bauscht Probleme auf. Man macht aus einer Mücke einen Elefanten und möchte mit seiner theatralischen Niedergeschlagenheit dann Aufmerksamkeit, Liebe und Mitleid. Es werden ständig Probleme gewälzt und betont wie doof man sich selbst findet für sein vergangenes Verhalten. Eigene Fehler werden immer wieder aufbereitet, durchgekaut und thematisiert, um das zu bekommen was das Ego hier möchte – Drama an dem es sich nähren kann. Dadurch werden die anderen Emotionen verschleiert und nicht wahrgenommen und was eigentlich dahintersteckt bleibt im Dunkeln. 

4. Mehr geben und leisten als gut für einen selbst ist, um Liebe als Gegenleistung zu wollen. 

Ich höre oft Sätze wie : „Ich mache und tue und gebe und gebe, aber ich bekomme von den anderen nichts zurück. Keiner sieht das “ 

Ich stelle dann oft die Frage : Wieviel würdest du noch geben, wenn du dafür garnichts zurück haben möchtest ? 

Viele Menschen reagieren recht geschockt, wenn Ihnen klar wird warum Sie soviel geben und sich so verausgaben. 

5. Vermeidung 

Hier kommt etwas zum Tragen, was uns am meisten das Gefühl von Einsamkeit, Leere und Abgeschnittenheit beschert. 

Beziehungen werden nur oberflächlich geführt. Echtes Einlassen und Tiefgang mit wirklicher Nähe ist aus Angst vor Abhängigkeit und Ausgeliefert sein so groß, dass es sicherer scheint oberflächlicher zu bleiben. Das wir oft entschuldigt mit, „das ist eben der Alltag“. 

Den Menschen ist leider nicht bewusst, welchen Preis sie dafür zahlen. Es wird vermieden richtig nah und zärtlich zu sein und wenn man es doch mal geschafft hat, flüchten sich sehr viele aus Angst vor den intensiven Gefühlen schnell wieder in Punkt 1, die Ausgrenzung. Zu groß ist die Angst vor der Liebe. 

Und hier kommt einer der wichtigsten Gründe für all das. Die Angst vor der Liebe ! 

Die meisten Menschen haben Liebe unterbewusst mit Schmerz, Verletzung, Gefahr und Ohnmacht verbunden. Diese Verbindung ist den wenigsten wirklich bewusst. Aus dieser Verbindung formte sich ein verzerrtes Selbstbild voller Mangel und Unwertsein. 

Auch bekannt als das Ego. 

All diese Verhaltensweisen bergen großes Konfliktpotenzial. 

Sie stärken das Ego und vertärken und vermehren negative Emotionen und so bestätigen sich immer wieder alle negativen Glaubensätze im eigenen Unterbewusstsein und das verzerrte Selbstbild wird gefestigt.

All diese Verhaltensweisen trennen und lassen uns leer und einsam fühlen, weil wir uns selbst noch mehr verschliessen.

Es gibt viele Möglichkeiten um in Etappen den Weg da raus zu finden. 

Viele glauben Sie bräuchten ewige Therapien und müssten alles lösen, um da raus zu kommen. 

Doch das Leben ist keine Therapie ! Und das sage ich, die ihr Geld damit verdient. 🙂 

Ja, es ist richtig einige Zeit bestimmte Dinge zu verarbeiten, aber nicht ewig und immer wieder was anderes. 

Es ist wichtiger die richtigen Tools zu lernen und es ist noch wichtiger die richtige Sichtweise auf diese Dinge in sich zu verinnerlichen. Essentiell ist auch zu wissen das diese Mechanismen immer beide Partner betreffen, wenn auch in verschiedenen Ausprägungen. Oft höre ich Sätze wie “aber ich mache das mit meinem Partner nicht”. Das stimmt auch oft, aber dann ist es häufig ein Spiegel, dass du es mit dir selbst tust. Dir begegnet im Aussen immer das, was du in dir selbst ablehnst. Es ist wichtig zu lernen das Herz wieder zu öffnen und es ist wichtig ganz und gar ehrlich auf sich selbst zu schauen.

Und wie das geht und was dazu alles wichtig ist, kann man praktisch, natürlich in meiner Praxis lernen. 🙂 

©Karina Schröder